BGH IX ZB 212/07

Beschluss vom 09.10.08
Fassung InsO vor 01.07.14

Wer spielt

Gläubiger stellt Versagungsantrag, Schuldner verliert. Mannheim

Um was es geht

Verlauf

Im Insolvenzantrag gibt der Insolvenzschuldner einen Gläubiger mit einer Forderung von rund TEUR 160 nicht an. Die Gesamtverbindlichen betragen rund TEUR 560.

Gläubiger stellt Versagungsantrag im Schlusstermin._

Ergebnis

Der Schuldner hat den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO verwirklicht, da er seine Auskunftspflicht gemäß §§ 20, 97 InsO verletzt hat.

Eine umfassende Auskunftspflicht des Schuldners besteht auch im Eröffnungsverfahren.

Die Gläubigerliste dient im Eröffnungsverfahren nicht nur der Spezifizierung des Eröffnungsgrundes.

(…) Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Schuldner hat den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO verwirklicht.

(…) Nach seinem Wortlaut greift § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO ein, wenn der Schuldner während des Insolvenzverfahrens sich aus der Insolvenzordnung ergebende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt. Nach einhelliger Auffassung wird über den Wortlaut der Vorschrift hinaus nicht nur ein Verstoß gegen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im eröffneten Verfahren, sondern schon ab Stellung eines zulässigen Antrags erfasst (BGH IX ZB 72/03 (…). Mithin können unvollständige Angaben über die Gläubiger in einem Insolvenzantrag grundsätzlich den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO ausfüllen.

(…) Der Versagungstatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO setzt eine Verletzung von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach der Insolvenzordnung voraus (BGH IX ZB 17/05 (…), wie sie etwa in §§ 20, 97, 98 oder 101 InsO geregelt sind (…). Aus § 20 Abs. 1 InsO ergibt sich, dass der Schuldner dem Insolvenzgericht im Eröffnungsverfahren umfassend Auskunft über seine Vermögensverhältnisse zu erteilen, insbesondere ein Verzeichnis seiner Gläubiger und Schuldner vorzulegen und eine geordnete Übersicht seiner Vermögensgegenstände einzureichen hat (BGHZ 156, 92, 94). Die Nennung der Gläubiger ist schon deswegen erforderlich, um das Insolvenzgericht in den Stand zu setzen, entsprechend seiner gesetzlichen Verpflichtung (§ 30 Abs. 2 InsO) den Eröffnungsbeschluss den Gläubigern durch Zustellung bekannt zu machen (…). Dieser Auskunftspflicht hat der Schuldner nicht genügt, weil er den über erhebliche Forderungen verfügenden Gläubiger bei der Antragstellung verschwiegen hat.

(…) Zu Unrecht nimmt das Beschwerdegericht an, der Schuldner sei im Rahmen des Eröffnungsantrags nicht zu einer umfassenden Auskunftserteilung verpflichtet.

(…) Voraussetzung für das Entstehen der Auskunftspflicht ist gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 InsO die Zulässigkeit des Eröffnungsantrags. Die umfassende Auskunftspflicht des Schuldners setzt ein, sobald er einen zulässigen Antrag einreicht (BGH IX ZB 37/04 (…). Ist der Antrag – wie im Streitfall – aufgrund eines ernsthaften Eröffnungsverlangens und der Darlegung eines Eröffnungsgrundes zulässig (BGHZ 153, 205, 207), entsteht die Auskunftspflicht mit der Antragstellung (…). Die Auskunftspflicht setzt also nicht die ausdrückliche Feststellung der Zulässigkeit des Antrags durch das Insolvenzgericht voraus.

(…) Diese Auslegung entspricht allein dem Willen des Gesetzgebers. Die Regelung des § 20 InsO dient dem Zweck, die Bestimmung des § 104 KO, wonach der Schuldner bei einem Eigenantrag auch ein Verzeichnis der Gläubiger und Schuldner sowie ein Vermögensverzeichnis vorzulegen hat, auf Fälle eines Gläubigerantrags zu erstrecken (…). Da der frühere Rechtszustand – erweitert um die Fälle eines Fremdantrags – folglich fortgilt, haben die beigefügten Unterlagen auch im Rahmen eines Eigenantrags die Vermögensverhältnisse des Schuldners zutreffend darzustellen.

(…) Vielmehr ist eine Verletzung der Auskunftspflicht auch anzunehmen, wenn der Schuldner im Rahmen der Antragstellung gemachte unrichtige oder unvollständige Angaben nachträglich nicht korrigiert oder ergänzt. Dazu ist der Schuldner, dem nach Einreichung des Verzeichnisses weitere Gläubiger erkennbar werden, ohne gerichtliche Aufforderung verpflichtet (…).

(…) Angesichts einesStands der Verbindlichkeiten in Höhe von 552.204,29 € ist es schlechthin unverständlich, warum der Schuldner seinen über Forderungen in Höhe von 164.565,06 € verfügenden größten Gläubiger nicht benannt hat.”

Überraschungen

keine

AG Mannheim, Entscheidung vom 20.03.2007 – 2 IN 3/06 -
LG Mannheim, Entscheidung vom 17.10.2007 – 1 T 32/07 -

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